Ich glaube nicht, dass der großartige Schriftsteller Peter Hammerschlag je einen Sommer in Altaussee verbracht hat, nicht einmal in Bad Ischl ist ein Aufenthalt nachzuweisen. Und doch eröffnen sich bei einem Besuch mehrere Berührungspunkte.

Einer der Kollegen, mit denen Peter Hammerschlag eng zusammenarbeitete, war der Schriftsteller Hugo Königsgarten. Gemeinsam verfassten sie kabarettistisch-satirische Werke für das Kabarett „Der liebe Augustin“, 1931 gegründet von der legendären Stella Kadmon und im Souterrain des Café Prückels untergebracht.

Hugos Onkel Ernst Königsgarten, ein Wiener Lebemann, der sich vor allem durch seine Erfolge als Fechter auszeichnete, besaß eine Villa in Altaussee, in der die Familie oftmals den Sommer verbrachte. Bis 1938. Hugo konnte sich nach England retten, Peter und Ernst gelang die Flucht nicht: Peter Hammerschlag, ein schwerer Raucher, lebte versteckt bei seinem Kollegen Alexander Steinbrecher, doch die Sucht nach Zigaretten trieb ihn auf die Straße. Dort geriet er in die Fänge einer Nazi-Truppe, wurde verhaftet und 1942 in Auschwitz ermordet. Ernst Königsgarten flüchtete nach Brünn, wo seine Familie eine Fabrik besaß. Doch erwies sich dieser Ort als Falle: Nach dem Überfall auf die Tschechoslowakei wurde er verhaftet und starb 1942 in Theresienstadt.

Die Villa in Altaussee wurde enteignet, nach dem Krieg erhielt sie Henry Königsgarten zurück und verkaufte sie an Hanna Schiff, die in London lebte und die Villa während der Sommermonate als Pension betrieb. Doch für die langen Wintermonate fand sich ein Mieter: der Schriftsteller Friedrich Torberg, unterstützt von seiner Sekretärin Ursula Kals-Friese, die mir unglaubliche Einblicke in das Altausseer Leben eröffnet.

Und nun kommen wir an den Beginn dieser Überlegungen zurück. Torberg war maßgeblich für die Wiederentdeckung der Gedichte Peter Hammerschlags verantwortlich, wenn auch in sehr diskussionswürdiger Art und Weise, denn er schrieb Hammerschlags Texte großzügig um, machte sie “braver”, angepasster, wie ein Beispiel zeigt:

Original:
Das steht … wie aus Marmor gemeißelt!
Und – höchstens – vom Ehrgeiz gegeisselt …
Beamte der Kunst … doch Elite!
Die Herrn Philharmoniker? … Eisen!
Das Opernballett? … Mag man preisen.
Wiens singende Knäblein? … die reisen …
Hier lebt man in spanischem Tritt!

Torbergs Fassung:
Das steht wie aus Marmor gemeißelt
Und höchstens vom Ehrgeiz gegeißelt:
Die Hofkunst-Beamten-Elite.
Das Opernballett mag man preisen.
Die Philharmonie, die ist Eisen,
Wiens singende Knäblein, die reisen –
Hier lebt man im spanischen Tritt.

Daran arbeitete Torberg im Jahr 1972 in der Villa Königsgarten, wohl ohne zu ahnen, dass Hammerschlags Kollege Hugo Königsgarten hier so manchen Sommer verbrachte. Und so kehrt Peter Hammerschlag wieder in die Altausseer Villa zurück.

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Ich glaube nicht, dass der großartige Schriftsteller Peter Hammerschlag je einen Sommer in Altaussee verbracht hat, nicht einmal in Bad Ischl ist ein Aufenthalt nachzuweisen. Und doch eröffnen sich bei einem Besuch mehrere Berührungspunkte.

Einer der Kollegen, mit denen Peter Hammerschlag eng zusammenarbeitete, war der Schriftsteller Hugo Königsgarten. Gemeinsam verfassten sie kabarettistisch-satirische Werke für das Kabarett „Der liebe Augustin“, 1931 gegründet von der legendären Stella Kadmon und im Souterrain des Café Prückels untergebracht.

Hugos Onkel Ernst Königsgarten, ein Wiener Lebemann, der sich vor allem durch seine Erfolge als Fechter auszeichnete, besaß eine Villa in Altaussee, in der die Familie oftmals den Sommer verbrachte. Bis 1938. Hugo konnte sich nach England retten, Peter und Ernst gelang die Flucht nicht: Peter Hammerschlag, ein schwerer Raucher, lebte versteckt bei seinem Kollegen Alexander Steinbrecher, doch die Sucht nach Zigaretten trieb ihn auf die Straße. Dort geriet er in die Fänge einer Nazi-Truppe, wurde verhaftet und 1942 in Auschwitz ermordet. Ernst Königsgarten flüchtete nach Brünn, wo seine Familie eine Fabrik besaß. Doch erwies sich dieser Ort als Falle: Nach dem Überfall auf die Tschechoslowakei wurde er verhaftet und starb 1942 in Theresienstadt.

Die Villa in Altaussee wurde enteignet, nach dem Krieg erhielt sie Henry Königsgarten zurück und verkaufte sie an Hanna Schiff, die in London lebte und die Villa während der Sommermonate als Pension betrieb. Doch für die langen Wintermonate fand sich ein Mieter: der Schriftsteller Friedrich Torberg, unterstützt von seiner Sekretärin Ursula Kals-Friese, die mir unglaubliche Einblicke in das Altausseer Leben eröffnet.

Und nun kommen wir an den Beginn dieser Überlegungen zurück. Torberg war maßgeblich für die Wiederentdeckung der Gedichte Peter Hammerschlags verantwortlich, wenn auch in sehr diskussionswürdiger Art und Weise, denn er schrieb Hammerschlags Texte großzügig um, machte sie “braver”, angepasster, wie ein Beispiel zeigt:

Original:
Das steht … wie aus Marmor gemeißelt!
Und – höchstens – vom Ehrgeiz gegeisselt …
Beamte der Kunst … doch Elite!
Die Herrn Philharmoniker? … Eisen!
Das Opernballett? … Mag man preisen.
Wiens singende Knäblein? … die reisen …
Hier lebt man in spanischem Tritt!

Torbergs Fassung:
Das steht wie aus Marmor gemeißelt
Und höchstens vom Ehrgeiz gegeißelt:
Die Hofkunst-Beamten-Elite.
Das Opernballett mag man preisen.
Die Philharmonie, die ist Eisen,
Wiens singende Knäblein, die reisen –
Hier lebt man im spanischen Tritt.

Daran arbeitete Torberg im Jahr 1972 in der Villa Königsgarten, wohl ohne zu ahnen, dass Hammerschlags Kollege Hugo Königsgarten hier so manchen Sommer verbrachte. Und so kehrt Peter Hammerschlag wieder in die Altausseer Villa zurück.

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